Es gilt manchen als Wundermittel gegen Haarausfall: Das Arzneimittel Finasterid. Ursprünglich zur Behandlung einer vergrößerten Prostata entwickelt, stellte man schnell fest, dass es auch Auswirkungen auf den Haarwuchs hat. Seit 1998 wird es auch zur Therapie der androgenetischen Alopezie, der häufigsten Form des Haarausfalls, eingesetzt.
Donald Trump und Finasterid
Eine besondere Aufmerksamkeit wurde Finasterid zuteil, als es in einem ganz anderen Zusammenhang in die Öffentlichkeit gelangte: Als im US-Wahlkampf der jetzige Präsident Donald Trump damit auftrumpfen wollte, wie gesund er ist, brachte er eine schriftliche Aussage seines langjährigen Hausarztes Dr. Harold N. Bornstein bei, in der dieser darüber Zeugnis ablegen sollte. In diesem Zusammenhang gab er an, dass Donald Trump auch Finasterid zu sich nimmt (https://www.nytimes.com/2017/02/01/us/politics/trump-prostate-drug-hair-harold-bornstein.html?_r=1 ). Wenn man sich die präsidiale Haarpracht anschaut, sicherlich weniger wegen eventueller Prostata-Problemen.
Der Grund für den Haarausfall bei androgenetischer Alopezie
Bei der androgenetischen Alopezie fallen die Haare aus, weil die Haarwurzeln (erblich bedingt) besonders empfindlich gegen DHT (Dihydrotestosteron) sind. Das DHT stört hierbei die Wachstumsphase des Haares (sogenannte Anagenphase), bei der aus dem Haarfollikel ein neues Haar gebildet wird. Grob 85 % aller Haare befindet sich in dieser Phase, die zwischen 2 bis 6 Jahre andauert. Wird diese Phase gestört, werden am Ende immer kleinere Haare bis zuletzt kaum mehr Haare produziert. Also gilt es, dass DHT zu verringern, damit die empfindlichen Haarwurzeln nicht leiden.
DHT wiederum gewinnt der menschliche Körper aus dem allseits bekannten Testosteron. Dieses Testosteron wird durch das Enzym 5AlphaReduktase in DHT umgewandelt. Umso mehr Testosteron also in DHT umgewandelt wird, umso gefährlicher für die empfindlichen Haarwurzeln.
Wenn man also diesen Umwandlungsprozess verhindert oder zumindest reduziert, wird weniger Testosteron in DHT umgewandelt. Der geringere DHT-Spiegel im Körper kann die Haarwurzeln weniger angreifen, damit im Ergebnis den Haarausfall verringern oder gar stoppen.
Wie wirkt Finasterid?
Das verschreibungspflichtige Arzneimittel Finasterid ist ein „selektiver 5AlphaReduktase-Inhibitor“. Ein Inhibitor ist eine Art Bremse. Was sich kompliziert anhört, ist eigentlich ganz einfach. Wenn man weiss, dass Testosteron durch das Enzym 5AlphaReduktase in DHT umgewandet wird, bremst man einfach dieses Enzym. Dadurch bremst man auch den Umbau des Testosteron in DHT. Das Ergebnis: Es wird vom Körper weniger DHT produziert. So wird im Ergebnis die empfindliche Haarwurzel geschont.
Hersteller warnen selber vor heftigen Nebenwirkungen bei Finasterid
Finasterid (auch unter den Handelsnamen Proscar, Propecia, Finamid oder Finural bekannt) greift damit ganz gezielt in den Hormonhaushalt des Anwenders ein. Das dies nicht ohne Folgen ist, kann man sich denken, aber noch akzeptieren, wenn sie denn harmlos wären.
Oftmals ist den Anwendern bei der Einnahme von Finasterid gar nicht bewusst, welche Reaktion sie damit in ihrem Körper auslösen. Nur wenige Ärzte klären schonungslos auf. Diese Zeiten sind nun vorbei. Man ist sich mittlerweile sicher, dass die Nebenwirkungen doch erheblicher sein können, als gedacht. So haben eine Vielzahl von Zulassungsinhabern und Vertreiber finasteridhaltiger Arzneimittel selber in einem sogenannten „Rote-Hand-Brief“ (liegt Bellvivre vor) die Fachkreise über ganz erhebliche Nebenwirkungen informiert. Sie sind hierzu übrigens nach § 11 a Arzneimittelgesetz verpflichtet.
In diesem Rote-Hand-Brief warnen sie davor, dass sich Patienten des Risikos einer sexuellen Dysfunktion bewusst sein sollen, also Impotenz, Ejakulationsstörung, verminderte Libido und dies auch nach Absetzen des Präparats noch 10 Jahre lang andauern kann.
Weiterhin kann es zu Depressionen, Angststörungen und Suizidgedanken kommen.
In Fachkreisen wurde diese Problematik schon vorher diskutiert. So kommt eine Studie der Abteilung Dermatologie der Feinberg School of Medicine aus Chicago aus dem Jahr 2015, an der rund 12.000 gesunde Männer teilnahmen, bezüglich der Erektionsprobleme zu einem eindeutigen Ergebnis. Von den teilnehmenden Männern bekamen einige nach der Einnahme von Finasterid Potenzstörungen (Steven Belknap et. al. „Sexual dysfunction in young men prescribed finasteride for androgenic alopecia: A large single center observational cohort study“, Journal of the American Academy of Dermatology, Volume 72, 2015, Issue 5, Page AB212 – https://www.jaad.org/article/S0190-9622(15)00976-7/abstract )
Schlimm vor allem: Selbst Monate nach dem Absetzen hielten diese Störungen an.
Die Redaktion von Bellvivre meint, dass nicht nur die Fachkreise über diese massiven Gefahren informiert sein soll.
Wir wünschen Donald Trump insofern alles Gute.
Wie bei allen Medikamenten weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass man die Einnahme, Wirkungsweise und mögliche Nebenwirkungen unbedingt mit seinem Arzt besprechen sollte.