Die Rechtskolumne
Von Rechtsanwalt Stefan Jaeger, Wiesbaden
Es kommt immer wieder vor, dass Ärzte falsch reagieren, wenn der Patient den Wunsch äußert, in seine Patientenakte einsehen zu dürfen. Manchmal mit fatalen Folgen.
Durch das am 26.02.2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz wurde das Recht des Patienten auf Einsichtnahme in seine Patientenakte in § 630 g) BGB ausdrücklich gesetzlich geregelt. Diese Regelung dient dem Recht des Patienten auf informationelle Selbstbestimmung. Wichtig dabei: Der Arzt ist nicht verpflichtet, die Patientenakte im Original an den Patienten zu übersenden, was auch nicht empfehlenswert ist, da die Gefahr des Verlustes viel zu hoch ist. Da der Patient aber das Recht zur Einsicht in die Originalakte hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Recht auf Einsicht
Der Patient sucht den Arzt erneut auf und schaut sich dort vor Ort das Original der Patientenakte an oder er bittet gemäß § 630 g) Abs. 2 BGB den Arzt, Kopien der Patientenakte zu fertigen. Der Patient muss dem Arzt dann aber die entstandenen Kosten erstatten. Einsichtsberechtigt ist der Patient selber, wenn er jedoch von gesetzlichen Vertretern oder von einem Bevollmächtigten vertreten wird, so haben diese das Einsichtsrecht für den Patienten. Hier sollte man immer auf eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung achten und das Vorliegen einer Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Im Falle des Todes haben die Erben ein Einsichtsrecht und sogar den nächsten Angehörigen wird beispielsweise zur Abklärung von Erbkrankheiten ein Einsichtsrecht zu gewähren sein.
Das Recht auf Einsicht bezieht sich grundsätzlich auf die vollständige Patientenakte. Auch wenn sich in der Patientenakte subjektive Aufzeichnungen des Arztes befinden, sind diese offen zu legen. Eine Einschränkung besteht lediglich dann, wenn erhebliche therapeutische Gründe dem entgegenstehen. Eine weitere Beschränkung wäre beispielsweise, wenn erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen.
Zuwiderhandlung kann teuer werden
Das Einsichtsrecht ist unverzüglich zu gewähren. Sollte der Arzt angemessene Fristen zur Gewährung der Einsichtnahme versäumen, so kann der Patient jederzeit sein Einsichtsrecht gerichtlich geltend machen und da der Arzt sich nach Fristablauf in Verzug befunden hat, wird er bei normalem Verlauf der Angelegenheit nicht nur seinen eigenen Anwalt, sondern auch noch die Gerichtskosten und die Kosten des Patientenanwaltes zu tragen haben. Je nachdem wie hoch das Gericht den Gegenstandswert einschätzt, können diese schon einmal schnell knapp 2.000,00 € betragen.
Rechtsanwalt Stefan Jaeger aus Wiesbaden schreibt für Bellvivre in regelmäßigen Abständen. In seiner Rechtskolumne behandelt er verschiedene Themen, die sich mit Arztrecht, Medizinrecht oder Arztstrafrecht beschäftigen. Rechtsanwalt Jaeger ist seit 15 Jahren auf Medizinrecht spezialisiert und berät einige namhafte Kliniken in Deutschland. Er ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen und referiert an der Deutschen Richterakademie.
MUSTERSCHREIBEN
Sehr geehrter Herr Dr. Mustermann,
gemäß § 630 g Abs. 2 BGB steht mir das Recht zu, Kopien meiner Patientenakte zu fordern und dadurch Einsicht über die von mir geführte Akte zu nehmen. Ich bitte Sie daher, mir die Akte vollständig kopiert zu übersenden. Etwaig entstehende notwendige Kosten werde ich selbstverständlich bezahlen. Ich bitte um Übersendung bis zum (Datum einsetzen, beispielsweise 10 Tage nach Datum des Briefes).
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)